Veronika Macharia
Internat 1983-2002
Es gibt Nichts was sie nicht gesehen und erlebt hat! Veronika „Vroni“ Macharia war fast 20 Jahre lang Mitarbeiterin im Internat der Deutschen Schule Nairobi und zuletzt Internatsleiterin.
Sie war Elternersatz, Krankenschwester, Erziehungsberechtigte, Psychologin, Seelentrösterin, Taschengeldausteilerin, Vertraute und Beraterin – und wenn man die heute achtzigjährige, lebhafte Dame trifft versteht man sofort, warum ihr über die vielen Jahre von Schülern, Eltern und Schulleitung so viel Vertrauen entgegengebracht wurde.
Schon früh ging die geborene Schweizerin einen für damals ungewöhnlich selbstständigen Weg: als ausgebildete Krankenschwester zog sie in die USA, wo sie ihren späteren Ehemann, damals ein kenianischer Student, kennenlernte. Im September 1967, wenige Jahre nach der Unabhängigkeit des Landes, folgte sie Ihrem Mann, der inzwischen als Gamewarden im kenianischen Game Department arbeitete. Vroni Macharia arbeitete als Diplom Krankenschwester im Kenyatta Hospital in Nairobi, als sie 1983 zufällig hörte, dass die Deutsche Schule nach einer deutschsprachigen Internatsmitarbeiterin suchte. Ihr Job im Krankenhaus war anstrengend für die Mutter zweier Söhne – auch wegen der vielen Nachtschichten – und so hoffte sie auf einen „ruhigen Halbtagsjob“…! Nachdem ihr Mann plötzlich verstarb ein paar Monate nach Beginn der Arbeit im Internat, wurde die Stelle ein Vollzeitsjob. Als sie die Stelle antrat, meinte der damalige Verwaltungsleiter der Schule wohlwollend, dass diese nicht sicher wäre, denn das Internat müsse voraussichtlich bald schließen. Doch erst 19 Jahre, vier Verwaltungsleiter, drei Schulleiter, etliche Vorstandsformationen und unzählige Schüler und Schülerinnen später ging Vroni Macharia als Internatsleiterin in den Ruhestand.
„Als ich meine Arbeit im Internat begann waren wir im pädagogischen Team 6 Personen. Mit 28 Kindern war das Internat absolut voll und befand sich in der alten Schule in der Laikipia Road, ca 11 km von der Schule entfernt. In einem sehr schönen Garten mit großen Bäumen befanden sich die Gebäude, auf einer Seite vom Nairobi River begrenzt. 14 Haus-und Gartenangestellte halfen, Alles in Stand zu halten.“ Fast 30 Kinder, deren Eltern u.a. in Somalia, Tansania, Uganda, im Sudan und in Äthiopien lebten und arbeiteten, bedeuteten viel Arbeit.
Vroni Macharia erinnert sich genau an den Tagesablauf: „Morgens früh um 7:10 fuhren der rosa Bus und ein kleiner Bus los und sie waren in 20 Minuten an der Schule in Gigiri, voll war es nur am roundabout in Westlands!“
Als das Internat 1996 nach Gigiri umzog, zog Vroni Macharia mit um. Mitte der 90er Jahre war eine weltweite wirtschaftlichen Rezession und ein paar Nachbarländer in politischen Schwierigkeiten, so dass Unternehmen sich aus Ostafrika zurückzogen. Daher gab es viel weniger Internatskinder. Ende der 90er Jahre waren nur noch rund 10 Kinder im Internat und es entstand die Idee des „EuroCampus“ in der Deutschen Schule. Die schwedische Schule in Nairobi schloss ihr Internat und die schwedischen Schüler zogen in das Internat in Gigiri ein.
„So kamen also die Schweden. Vorher wurde ich sehr kurzfristig aus meiner Wohnung, die jetzt als Schülerzimmer gebraucht würden, rauskomplimentiert. Alle meine Proteste nützen Nichts, die Internatsleiterin musste vom Gelände der Schule wegziehen. Die deutschen, schwedischen und zwei französische Internatsschüler integrierten sich und unternahmen Sachen zusammen. Ende gut, Alles gut? Leider nein, die Idee des „EuroCampus“ verwirklichte sich nicht, andere Schulvorstände, andere Eltern, andere Vorstellungen.“
Die wenigen Internatsschüler hielten Vroni Macharia auf Trab! Besonders erinnert sie sich an Probleme mit Marihuana. Das Drogenproblem musste ernst genommen werden und um möglichst abschreckend zu wirken, ließ Vroni Macharia eines Tages ein Polizeiteam (zwei Dedektive speziell für Schulen ausgebildet) im Internat antreten, das den Jugendlichen auf die äußerst strenge Gesetzgebung des Landes hinwies. Gefängnis inklusive! Das abendliche Ausgehen der Internen wurde nach deutschem Jugendrecht geregelt: ab 16 durften sie bis 0 Uhr ausgehen. In der Regel ging man erst gegen 22 Uhr los und grundsätzlich nur in Begleitung eines Fahrers oder Erziehers. Auch Vroni Macharia hat die eine oder andere Nacht vor einem Club im Bus gesessen und auf „ihre“ Kinder gewartet. Alkohol unter 16 war verboten – was nicht heißt, dass es nicht doch ab und zu Gelagen kam – besonders, als schwedische Schüler ins Internat kamen…. Auch unerlaubter „Damen – oder Herrenbesuch“ über Nacht war ausdrücklich verboten. Vroni Macharia hat dennoch den einen oder anderen erwischt, aus dem Zimmer geholt und notgedrungen in einem Gästezimmer untergebracht.